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Familienzoff an Weihnachten

  • Autorenbild: Sandra Maria
    Sandra Maria
  • 2. Dez. 2022
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Juli

Alle Jahre wieder kracht es unterm Baum, obwohl Streiten, vor allem an Weihnachten, für die meisten furchtbar ist. Jede Familie hat ihre eigene Geschichte und Konflikte. Im Laufe der Zeit macht jede:r mit seinem Leben außerhalb des Elternhauses weiter - um sich sein eigenes Leben nach den eigenen Vorstellungen aufzubauen. Man sieht und spricht - aus welchen Gründen auch immer - oft nicht mehr so viel miteinander. Ob der Mangel an Kommunikation nun eine oder zwei Wochen oder ein Jahr andauert: Der bloße Gedanke nach so langer Zeit wieder zusammen auf engen Raum gepfercht zu sein schleicht sich bei mir in Begleitung von Gefühlen der Angst und Besorgnis ein. Naja und wie sollte es anders sein: Diese führen eben oft zu Konflikten in eh schon gestressten Beziehungen an den Weihnachtsfeiertagen.

Dieser Blogbeitrag im Überblick

Darum kracht es besonders häufig über die Feiertage

Sehnsucht nach realitätsfernem Weihnachtszauber

Hypercopresence: “Eine große Dosis Familie auf einmal”

Tipps zum Umgang mit “Feiertags-Triggern” und Lagerkoller



Darum kracht es besonders häufig und was du tun kannst

Streit in der Familie - das kennen die meisten. Wenn ich an Weihnachten mit meinem Partner nach Hause fahre, gibt es, wie jedes Jahr, ein zwei kontroverse Themen und das nicht nur in meiner sondern auch seiner Familie. Egal ob der Ausgangspunkt dafür Politik, Feminismus, etwas Persönliches, etwas Banales oder die immernoch heiße Coronadebatte ist: Schnell eskaliert die Situation und es kommt zum Clinch, gerne mit zugeschlagenen Türen und ausgesprochenen Flüchen.



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Wenn Ansichten in der Familie unvereinbar scheinen und ausgerechnet an Heiligabend hochkochen gibt es ein paar Tipps, die dir durch die Feiertage helfen können.

Sehnsucht nach dem unrealistischen Weihnachtszauber von Netflix

Die Unzahl von Netflix Weihnachtsfilmen, wunderhübsch dekorierte Schaufenster und Wohnzimmer und eine Tasse Punsch auf einem der süßen Weihnachtsmärkte der Stadt, das alles vermittelt vor allem eine kulturell überhöhte Vorstellung eines “Friede, Freude”-Weihnachtsfestes mit der Familie. Wenn im Radio nur noch Weihnachtslieder ihre immer gleichen “fallala” Verse trällern und mein Bauch bis zu den Feiertagen bereits übervoll mit Omas Plätzchen ist, konnte ich mich auch in diesem Jahr meiner Sehnsucht nach dem weihnachtlichen Zauber nicht entziehen. Leider liegt meine Erwartungshaltung nach einem harmonischen Fest oft weit entfernt von der Realität: Hektisches Last Minute Geschenkeshopping, Vorbereitung eines Abendessens für die wachsende Großfamilie und die unmögliche Zerstückelung meines einen Körpers an zwei Orte, um an der Feier der Familie meines Partner und meiner eigenen teilzunehmen.

Ich sage es geradeheraus: Dieser Pseudo-Frohsinn kann ganz schön unter Druck setzen.

Halte deine Erwartungen also möglichst realistisch. Wenn du weißt, dass Tante Berta oder Schwiegermama dich sowieso nicht versteht, solltest du so freundlich wie möglich sein und dafür sorgen, dass sich alle möglichst wohlfühlen. So kannst du das Konfliktpotential möglichst niedrig halten. Ebenso hilfreich kann es sein, sich auf mögliche Meinungsverschiedenheiten vorzubereiten. Einen Tipp dazu findest du hier.

Besonders hilfreich ist es auch, den anderen Familienmitgliedern aufmerksam zuzuhören und die jeweiligen Entscheidungen zu respektieren. Wenn du jemanden eingeladen hast mit dir zu feiern und er oder sie hat dazu in diesem Jahr keine Lust dazu dann respektiere diese Entscheidung. Vielleicht könnt ihr ja einen anderen Tag finden um eine schöne Zeit zusammen zu verbringen - mit weniger Stress und mehr Ruhe.


Hypercopresence: “Eine große Dosis Familie auf einmal”

Auf engstem Raum 24/7 zusammengepfercht krachen schnell mal Weltanschauungen aufeinander. Wenn es dann Weihnachten zu Streit kommt, weil diese Person versucht aus dem gesteckten Rahmen auszubrechen, steckt dahinter ein Phänomen namens “hypercopresence”. Über Weihnachten teilen wir uns in vielen Familien ein Haus oder eine Wohnung und ein Badezimmer. Da kann es schon mal vorkommen, dass eine Grundanspannung in der Luft liegt, weil unsere Autonomie über die Feiertage an der Garderobe unseres Elternhauses abgegeben wurde. Auf den engen Zeitplan geplanter Abendessen, Spaziergänge und Besuche bei Großeltern hatten wir möglicherweise nur wenig Einfluss. In vielen Familien gibt es dann die eine oder andere Person, der es irgendwann reicht und die eigene Unabhängigkeit zurückfordert. Zu eng gesteckt ist der zeitliche und räumliche Rahmen, in dem wir noch Bewegungsfreiraum haben.


Die Professorin Melanie Booth-Butterfield von der Universität West Virginia beschreibt es als das ABC der Ursachen aus dem Streit und Druck an Weihnachten resultiert: “alcohol, bathrooms & children”. Wir verbringen zu viel Zeit auf engem Raum zusammen und missen unsere Unabhängigkeit. Desto mehr Menschen auf engem Raum, desto deutlicher macht sich der Druck durch Streit über die Feiertage bemerkbar. Wenn dann Alkohol ins Spiel kommt sinkt die Hemmschwelle vermeintlich humorvolle Bemerkungen zu machen, die zu weit gehen und dann Konflikte auslösen. Möglicherweise gibt es dann noch einen Teil der Familie der gar keinen Alkohol trinkt und dem Teil der Familie gegenübersteht, der Alkohol trinkt.


Ein weiterer Konfliktpunkt ist bei den meisten Familien wohl das Badezimmer. Die Wartezeit vor der verschlossenen Badezimmertür kostet wirklich Nerven. Morgens nach dem Aufstehen bereits Schlange zu stehen erhöht das Konfliktpotential bereits vor den eigentlichen Feierlichkeiten. In der eigenen Wohnung kannst du so lange duschen wie du möchtest - zurück unter dem Dach der Eltern herrscht nun Zeitdruck schnell in die Dusche zu springen und ebenso schnell im Anschluss in die Weihnachtsgarderobe zu schlüpfen um dann im Besten Falle noch bei den Vorbereitungen irgendeines Essens zu helfen.


Wenn nun noch Kinder im Spiel sind, gibt es ein umso größeres Potenzial für familiäre Konflikte.

Kinder können laut, aktiv und herausfordernd sein. Besonders für die Eltern ist es eine Extraherausforderung, denn sie stehen unter dem sozialen Druck der Familie: Die Kinder sollen sich nun gut präsentieren, beste Tischmanieren zeigen und brav sein. Wenn die Eltern aber bereits gestresst sind, klappt das natürlich nicht immer so gut. So werden selbst die Kleinsten der Familie unter Weihnachtsdruck statt -zauber gesetzt.



Tipps zum Umgang mit “Feiertags-Triggern” und Lagerkoller

Ich glaube jede:r hat seine eigenen ganz persönlichen “Feiertags-Trigger”. Kennst du deine?

Mich persönlich bringt zum Beispiel Zeitdruck schnell aus dem Konzept. Ich versuche an den Weihnachtsfeiertagen daher etwas früher aufzustehen um langsamer und damit für mich stressfreier in den Tag zu starten. Ein klar abgesprochener Zeitplan mit meinem Partner hilft mir dann durch den Tag hinweg erst gar nicht in Zeitdruck zu kommen, auch wenn die einzelnen Treffen bei der Familie knapp gesteckt sind. Was bringt dich schnell mal aus dem Konzept und trägt dazu bei, dass du gereizter bist als sonst? Ein weiterer meiner Punkte ist die ewige Fragerei danach, wann ich gedenke mich zu verloben oder mein besonderer Liebling: Die Frage nach Enkelkindern. Das Gute daran: Ich kenne die Fragen, die mich schnell mal ärgern und kann mich darauf vorbereiten. So bleibe ich ruhig. Einen Tipp dazu, wie auch du das schaffen kannst, findest du hier.

 Mein Tipp ist daher die eigenen "Feiertags-Trigger" gut zu kennen. Frage dich, was dich über die Feiertage schnell zum explodieren bringt.

Wenn du im normalen Alltag eine besonders unabhängige Person bist, spielt für dich die räumliche Enge und Einschränkung deiner Autonomie vielleicht eine größere Rolle. Verständlich also, dass der Lagerkoller bei dir schneller zum Problem wird als bei anderen.

Wenn du weißt wie du tickst, kann Vorbereitung für dich Teil der Lösung sein: Ergreif die Initiative und organisiere Spiele, die für verschiedene Altersgruppen geeignet sind.

Eine Studie hat festgestellt, dass Familien, die an den Weihnachtstagen gemeinsame Aktivitäten unternehmen viel seltener streiten. Zusätzlicher Benefit: Du bestimmst aktiv den Feiertagsalltag mit und es wird nicht über dich bestimmt. In meiner Familie ist aktuell das Spiel “just one” beliebt. Es erfreut (und beschäftigt) alle Altersgruppen ab dem Schulalter. Und wenn das nicht hilft oder du mehr Freiraum brauchst: Mach einen Spaziergang. Ja, ich weiß, der “stupid walk for mental health”. Aber mal ehrlich: Ein Spaziergang alleine gibt einfach die Möglichkeit etwas den Kopf frei zu bekommen. Ein Spaziergang mit Partner, Schwester oder Bruder bietet vielleicht sogar die Möglichkeit sich einmal gemeinsam über die nervigen Eigenschaften der Eltern zu ärgern.


Vielleicht kannst du ja nicht nur deinen eigenen Druck reduzieren sondern auch versuchen anderen Familienmitgliedern etwas Druck zu nehmen. Wenn du magst, kannst du ja mal vorschlagen die Verantwortung für bestimmte Aufgaben etwas aufzuteilen. Eine:r macht Frühstück und eine:r andere:r macht das Mittagessen oder schmückt den Baum. Wenn ihr euch die Aufgaben aufteilt, teilt ihr nicht nur die Verantwortung auf, sondern verbringt auch mal etwas Zeit getrennt. Etwas autonom verbrachte Zeit, auch in kleineren Grüppchen nimmt für alle Familienmitglieder Druck raus.

Ihr müsst nicht 24/7 zusammen auf dem Sofa sitzen um die verlorene Zeit des vergangenen Jahres wett zu machen. Es ist genauso okay, sich mal etwas rauszunehmen.

Der wichtigste Tipp jedoch: Bleib empathisch und nimm nicht alles persönlich. Jede:r steht über die Feiertage unter seinem ganz eigens kreierten Druck. Bei überreizten Gemütern fallen schnell mal unschöne Worte oder Witze, die zu weit gehen. Das macht es nicht okay, ist aber daher auch eher der Situation geschuldet und richtet sich nicht persönlich gegen dich.

Kommentare


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Hi, schön, dass du hier bist!

Ich bin Sandra – Psychologin, Wahlberlinerin, 29, und immer irgendwo zwischen Overthinking und Achtsamkeit.


Auf mindfulmess schreibe ich über das chaotisch-schöne Leben in den 20ern und über mentale Gesundheit – ehrlich, persönlich und psychologisch fundiert.

Ich will zeigen, dass Wissen aus der Psychologie alltagstauglich, verständlich und manchmal sogar tröstlich sein kann.


Nebenbei beschäftige ich mich mit nachhaltigem Leben und der Frage, wie wir mit uns selbst und unserer Umwelt achtsamer umgehen können – ohne den Anspruch, alles richtig zu machen.

Wenn du also manchmal das Gefühl hast, das Leben müsste „ordentlicher“ laufen – willkommen im Club. Und willkommen bei mindfulmess.

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