Grenzen setzen mit ADHD Quirks
- Sandra Maria
- 15. März
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 7 Tagen
Willkommen in der wunderlich-chaotischen Welt des Grenzenziehens… ADHS-Edition!
Seit unserer Kindheit hören wir, dass alles seine Grenzen hat: Unsere Ziele im Leben, unser Glück, unser finanzieller Spielraum, sogar die Liebe.„Mein Kind, du kannst nicht alles haben!“, hallt es in unseren Ohren. „Greif nach den Sternen“, sagen sie. Aber bitte bleib dabei auf dem Boden. Und bloß nicht angeben!
Seit jeher balancieren wir auf dem Drahtseil zwischen „Geh los!“ und „Bleib brav sitzen“.
Wir kennen Grenzen – aber nicht unsere eigenen
Ist es nicht absurd? Wir kennen uns so gut darin aus, Grenzen zu respektieren und haben trotzdem oft keinen Schimmer, wo unsere eigenen liegen. Unsere persönliche Schmerzgrenze. Unser „Stopp“.
Dabei sind genau diese Grenzen unser wichtigstes Werkzeug: Sie bewahren unseren Selbstwert. Und manchmal, ja, leider, auch unser Überleben in Beziehungen.
Unsere Kindheitsprägungen halten uns oft fest in der Komfortzone.
Unsere Kindheitsprägungen halten uns oft fest in der Komfortzone. Sie hindern uns daran, Träume zu verfolgen und unser volles Potenzial zu entfalten. Aber: Die eigenen emotionalen und körperlichen Grenzen zu erkennen und sie anzunehmen kann sogar noch mehr schmerzen.
Gesunde Grenzen zu setzen ist ein zentraler Aspekt der psychischen Gesundheit. Sie helfen uns, unsere Bedürfnisse zu schützen und toxische Dynamiken zu vermeiden.
Grenzsetzung googeln? Nur für andere.
Schon mal „Grenzen setzen“ gegoogelt? Da wimmelt es von Tipps, wie du Grenzen für andere definierst: Kinder, Haustiere, Kolleg:innen. Aber kaum jemand sucht danach, wie man sich selbst schützt, wenn das Leben zu viel wird. Wie man Raum schafft, Realität neu formt. Man könnte fast meinen, das eigene Tanzfeld abzustecken ist in unserer Gesellschaft noch immer ein Tabu.
Man könnte fast meinen, das eigene Tanzfeld abzustecken ist in unserer Gesellschaft noch immer ein Tabu.
Arbeitsplatz: Hier sterben Grenzen still
Gerade im Job rutschen unsere Grenzen oft unter den Tisch.„Sei offen, sei transparent!“„Wie, du gehst schon?! Du musst deinen Job doch lieben, oder?“„Wir sind hier doch wie eine Familie.“„Freunde, im Team gibt’s kein Ich!“„Früchtekorb & Firmenyoga – rund um die Uhr!“„DU LIEBST DEINEN JOB DOCH, ODER???“
Grenzen? Sind zum Überschreiten da. Und wer schützt uns?
Zwischen Angst, Annahme und dem Bauchgefühl
Wir glauben so oft zu wissen, was andere brauchen und entscheiden dann aus Annahmen oder Angst heraus. Zwei stille Begleiter, die unseren inneren Frieden stören. Wir hören nicht auf unseren Körper, sondern auf unsere Zweifel.
Dabei spricht unser Körper deutlich mit uns: Schlafstörungen, Appetitveränderungen, Nervosität. Signale, dass Grenzen verletzt wurden. Und doch machen wir weiter. Treiben im Strudel der Anpassung.„So schlimm ist es doch nicht“, sagen wir...während die Angst vor Einsamkeit wie ein Damoklesschwert über uns hängt.
Aber sind wir nicht jetzt schon einsam, wenn wir nicht gesehen oder respektiert werden? Wann haben wir eigentlich aufgehört, unsere eigenen besten Freund:innen zu sein?
Wenn du dich selbst nicht mehr retten kannst
Es gibt Menschen, die nehmen so viel, bis nichts mehr übrig ist. Und wenn du dann leer bist, nennen sie dich faul. Erschöpft? Apathisch? Tja, selbst schuld.
Und ja: Wer seine Grenzen nicht kommuniziert, gibt stillschweigend seine Zustimmung. Was passiert dann?
Deine Seele wird zum All-you-can-eat-Buffet. Ein Wühltisch auf dem Flohmarkt. Nimm zwei, zahl eins. Bediene dich, es ist genug für alle da. Und plötzlich verschwimmen die Rollen: Täter:in oder Opfer - Wer ist hier wer? Die Person, die zu viel fordert, fühlt sich im Recht. Und du, die eigentlich leidet, glaubst, du bist selbst schuld. Willkommen im toxischen Wunderland. Nichts ergibt mehr Sinn. Was heute „gut genug“ war, reicht morgen nicht. „Ab mit dem Kopf!“ oder lieber doch: „Geh still, aber geh.“
Die Angst vor den eigenen Grenzen
Grenzen zu setzen bedeutet nicht, dass die Menschen, die sie übertreten, plötzlich aufwachen und dich besser behandeln. Diese Erkenntnis tut verdammt weh. Aber: Grenzen schaffen Platz. Und dieser Raum kann Menschen anziehen, die dich respektieren und nicht ausnutzen.
Die Wahrheit ist: Wer deine Grenzen übergeht, sieht einen Vorteil darin. Sie wollen etwas in dir anzapfen. Etwas, das sie glauben, in sich selbst nicht zu finden. Sie suchen Frieden in dir und nehmen dir deinen.
Warum wir trotzdem so zögern
Evolutionär betrachtet war Zugehörigkeit überlebenswichtig. Wer zur Gruppe gehörte, war sicher. Ausschluss konnte den Tod bedeuten.
Kein Wunder also, dass Alleinsein heute noch existenzielle Angst auslöst. Aber vergiss nicht:
Deine Grenzen retten dich.
Dein Körper ist dein sicherer Ort. Und um ihn zu schützen, brauchst du Grenzen. Du bist das Wichtigste, das es zu bewahren gilt.
Grenzen schützen dich nicht nur. Sie zeigen dir auch, wo du hingehörst. Zu welchen Menschen. In welche Räume. Wo du geliebt wirst, gesehen wirst. Wo du du selbst sein darfst.
Sky is the limit – aber bitte mit Grenze!
Einmal bitte Grenzsetzung mit allem, aber ohne Scharf. Grenze oder keine Grenze. Aber mit dir im Mittelpunkt.
Denn wenn du deine Grenzen kennst – gibt es keine Grenzen mehr.
The Science behind the buzz
1. Grenzen und psychisches Wohlbefinden
„Gesunde Grenzen zu setzen ist ein zentraler Aspekt der psychischen Gesundheit. Sie helfen uns, unsere Bedürfnisse zu schützen und toxische Dynamiken zu vermeiden.“Quelle: Linehan, M. M. (1993). Cognitive-Behavioral Treatment of Borderline Personality Disorder. (DBT-Modell)
2. Rejection Sensitivity & ADHS
Menschen mit ADHS zeigen häufig eine erhöhte Rejection Sensitivity (RSD), also eine übermäßige emotionale Reaktion auf tatsächliche oder wahrgenommene Zurückweisung. Das erschwert es oft, klare Grenzen zu ziehen, ohne Schuldgefühle oder Panik.Quelle: Dodson, W. (2019). Rejection Sensitive Dysphoria and ADHD, Additude Magazine.Fachartikel: Faraone et al. (2015), The World Federation of ADHD International Consensus Statement: 208 Evidence-Based Conclusions About the Disorder.
3. Kindliche Prägung und Grenzen
Unsere Fähigkeit, Grenzen zu setzen, ist stark geprägt durch frühe Bindungserfahrungen. Wurden unsere Bedürfnisse nicht ernst genommen oder übergangen, fällt es uns als Erwachsene schwer, sie klar zu kommunizieren.Quelle: Bowlby, J. (1988). A Secure Base: Clinical Applications of Attachment Theory.
4. Soziale Angst und Anpassung (Masking)
Neurodivergente Menschen – insbesondere Frauen mit ADHS oder Autismus – maskieren oft, um sozial akzeptiert zu werden. Das kann auf Dauer zu Identitätsverlust und emotionaler Erschöpfung führen.Quelle: Hull, L. et al. (2017). Social camouflaging in adults with autism spectrum conditions, Journal of Autism and Developmental Disorders.










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