„Ich mach das schon allein.“
- Sandra Maria
- 2. Apr. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen
Wie Hyper-Unabhängigkeit uns schützt – und uns gleichzeitig einsam macht.
Es beginnt oft ganz leise. Ein „Ich will niemandem zur Last fallen“.Ein „Ich kann das besser allein“. Ein „Ich hab gelernt, mich nicht zu verlassen. Außer auf mich selbst.“
Und plötzlich ist sie da: Hyper-Unabhängigkeit. Verkleidet als Stärke. Gefeiert als Selbstständigkeit. Aber unter der Oberfläche? Angst. Scham. Verletzung.
Was ist hyper-independence?
Hyper-Unabhängigkeit ist keine bloße Charaktereigenschaft. Sie ist eine Schutzstrategie. Sie entsteht oft, wenn wir früh lernen mussten, dass Hilfe nicht zuverlässig kommt. Dass Bedürftigkeit bestraft, belächelt oder ignoriert wird.Dass wir „stark“ sein müssen, weil sonst niemand für uns da ist.
Psychologisch gesprochen: Hyper-Independence kann eine Traumaantwort sein oder auch eine Form der Autonomie, die aus Not geboren wird. Statt Co-Regulation: Selbstüberforderung. Statt Bindung: Rückzug.
So zeigt sich Hyper-Unabhängigkeit im Alltag:
Du kannst anderen kaum vertrauen.
Du hasst es, um Hilfe zu bitten – es fühlt sich an wie Schwäche.
Du arbeitest zu viel, übernimmst zu viel, machst es perfekt – aber es kostet dich.
Du schiebst Menschen weg, weil Nähe sich bedrohlich anfühlt.
Du magst keine „needy“ Menschen – sie triggern deine eigenen ungeliebten Anteile.
Du bist „die Starke“, aber innerlich oft erschöpft.
Du fühlst dich nur sicher, wenn du alles unter Kontrolle hast.
Was du dabei oft verbirgst: Scham. Verlustangst. Die tiefe Überzeugung, dass du nicht gut genug bist, um Hilfe verdient zu haben.
Warum entwickeln Menschen diese Form der Selbstgenügsamkeit?
Weil Bindung nie sicher war.
Weil Gefühle bestraft, ausgelacht oder ignoriert wurden.
Weil „brav sein“ bedeutete: keine Bedürfnisse haben.
Weil du schon früh „funktionieren“ musstest, statt Kind sein zu dürfen.
Weil du gelobt wurdest, wenn du unabhängig warst – und Liebe nur dann spürbar war, wenn du keine „Last“ warst.
Was du dabei lernst:
Hilfe ≠ Sicherheit
Nähe ≠ Geborgenheit
Bedürftigkeit = Gefahr
Der Preis der Unabhängigkeit
Hyper-Independence schützt, aber sie isoliert auch. Sie macht dich effizient, leistungsstark, belastbar. Aber auch einsam, erschöpft, hart zu dir selbst.
Und während andere dich für deine Stärke bewundern, sehnst du dich vielleicht danach, einmal loszulassen. Gesehen zu werden, nicht trotz deiner Schwäche, sondern mit ihr. Nicht die Starke sein zu müssen, sondern einfach: Du.
Fragen, die dich zurück zu dir führen könnten:
Was macht dir Angst daran, Hilfe zu brauchen?
Wann hast du gelernt, dass es besser ist, alles allein zu machen?
Was würdest du verlieren und was vielleicht gewinnen, wenn du dich mal anlehnen würdest?
Wem könntest du einen kleinen, sicheren Einblick in dein Inneres gewähren?
Und jetzt?
Hyper-Unabhängigkeit muss nicht dein Gefängnis bleiben. Du darfst lernen, dass du nicht weniger wert bist, wenn du brauchst.Du darfst herausfinden, dass Verletzlichkeit keine Bedrohung ist, sondern eine Brücke. Du darfst Hilfe annehmen, ohne deine Würde zu verlieren. Du darfst du sein. Nicht perfekt, nicht unberührbar, sondern menschlich.










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