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Klassische Konflikte in ADHS Partnerschaften

  • Autorenbild: Sandra Maria
    Sandra Maria
  • 18. Jan.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Juli

ADHS zeigt sich nicht nur in To-do-Listen, chaotischen Schreibtischen und dem dritten angefangenen Kaffee des Tages.ADHS zeigt sich auch in Beziehungen. In Blicken, die abschweifen. In unausgesprochenem Frust. In zu viel Nähe – oder zu wenig. Und in der schmerzhaften Frage: „Liebst du mich überhaupt noch?“


Die typische Dynamik: Wenn aus Beziehung Elternschaft wird

Die US-amerikanische Paartherapeutin und ADHS-Expertin Melissa Orlov beschreibt ein wiederkehrendes Muster in Partnerschaften mit (mindestens) einem ADHS-Anteil:Die sogenannte Parent-Child-Dynamik.

„Einer übernimmt das Management – nicht nur der Termine und des Haushalts, sondern auch der Beziehung und letztlich der anderen Person.“

Ich kenne diese Dynamik.Ich habe sie gelebt.Ich war in Beziehungen, in denen mein Partner mir sagte, was ich tun muss, was ich vergessen habe, wie ich „effektiver“ sein könnte.Und ich war in Beziehungen, in denen ich der Manager war.Kein Spaß für niemanden.Wenn einer überfunktioniert, bleibt vom Wir nicht mehr viel übrig.

Irgendwann fühlst du dich wie ein Projekt.Oder wie jemand, der nie genug ist.Es brennt leise in dir – bis das Licht langsam ausgeht.


Die Balzphase – ein Dopaminrausch

Menschen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, langfristige Aufmerksamkeit aufzubringen – nicht, weil sie nicht lieben. Sondern weil die neurochemische Landschaft sich verändert.

Die Kennenlernphase ist für uns ein Hoch:Neue Reize, tiefe Gespräche, Herzklopfen – Dopamin ohne Ende. Und genau daran mangelt es unserem ADHS-Gehirn oft im Alltag.


💡 Wissenschaftlicher Einschub: ADHS ist stark mit einer Dysregulation des Dopamin-Systems verbunden. In der Verliebtheitsphase werden durch den Reiz des Neuen hohe Dopaminlevel erreicht – das überdeckt viele typische ADHS-Symptome. Quelle: Volkow et al. (2009). Dopamine in ADHD: a dynamic dysfunction. The Lancet.


Und dann?Dann flacht das ab. Der Alltag beginnt. Und plötzlich ist der Partner abgelenkt, vergisst den Jahrestag, wirkt gedanklich ganz woanders.Für das Gegenüber kann das wie Liebesentzug wirken.„Du schreibst mir nicht mehr so süße Nachrichten.“„Du hörst mir gar nicht richtig zu.“„Du willst nicht mehr mit mir reden – bist du sauer?“

Aber oft hat das nichts mit Ablehnung zu tun – sondern mit innerer Überforderung.


Fehlinterpretationen und Beziehungsschmerz

Wenn der ADHS-Partner innerlich kämpft und der andere Partner das Verhalten als Desinteresse interpretiert, entsteht ein gefährlicher Kreislauf:Missverständnis, Rückzug, Frust – und irgendwann: Resignation.

📌 Studien zeigen:ADHS-Partnerschaften sind häufiger von Konflikten, Emotionsdysregulation und Trennungen betroffen – nicht, weil weniger Liebe da ist, sondern weil mehr Klarheit und Wissen fehlt. Quelle: Barkley, R. A., & Murphy, K. R. (2006). ADHD in Adults: What the Science Says.


Was ich gelernt habe

Ich habe gelernt, dass Liebe mit ADHS viel Kommunikation braucht – und ein riesiges Maß an Selbstmitgefühl.Ich habe gelernt, dass mein Bedürfnis nach Dopamin nicht mit „Drama“ verwechselt werden darf.Dass mein Vergessen nicht Lieblosigkeit bedeutet.Und dass ein verständnisvoller Blick auf mein Innenleben oft der größte Liebesbeweis ist.


Was helfen kann – ganz praktisch:

🧠 Für Betroffene mit ADHS:

  • Erkenne deine Muster. Nimm deine Reizüberflutung ernst.

  • Setze auf kleine Verbindlichkeiten statt große Versprechen.

  • Nutze Reminder, um emotionale Verbindung aktiv zu pflegen.

  • Sprich offen über deine Reizverarbeitung, dein Bedürfnis nach Rückzug oder Hyperfokuszeiten.

💛 Für Partner:innen ohne ADHS:

  • Informiere dich über ADHS und seine Auswirkungen auf Bindung.

  • Nimm Verhalten nicht persönlich, das nichts mit dir zu tun hat.

  • Achte auf klare, liebevolle Kommunikation statt versteckte Vorwürfe.

  • Ermutige, aber übernimm nicht das gesamte Beziehungsmanagement.

🤝 Für beide gemeinsam:

  • Paargespräche mit ADHS-Kompetenz suchen

  • Sich gemeinsam Wissen aneignen (z. B. Bücher von Melissa Orlov oder Ari Tuckman)

  • Tools für Alltagsstruktur UND emotionale Verbindung nutzen

  • Mitgefühl statt Kontrolle


Fazit: ADHS bedeutet nicht weniger Liebe. Aber oft andere Wege, sie zu zeigen.

Liebe mit ADHS ist nicht weniger tief. Aber sie ist oft lauter, unklarer, verletzlicher.Wenn wir aufhören, Liebe an Leistung zu knüpfen – und beginnen, uns wirklich zu sehen – dann entsteht Raum für ehrliche Nähe.

Und vielleicht ist das das größte Geschenk:Geliebt zu werden – nicht trotz ADHS, sondern mit ADHS.

Kommentare


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Hi, schön, dass du hier bist!

Ich bin Sandra – Psychologin, Wahlberlinerin, 29, und immer irgendwo zwischen Overthinking und Achtsamkeit.


Auf mindfulmess schreibe ich über das chaotisch-schöne Leben in den 20ern und über mentale Gesundheit – ehrlich, persönlich und psychologisch fundiert.

Ich will zeigen, dass Wissen aus der Psychologie alltagstauglich, verständlich und manchmal sogar tröstlich sein kann.


Nebenbei beschäftige ich mich mit nachhaltigem Leben und der Frage, wie wir mit uns selbst und unserer Umwelt achtsamer umgehen können – ohne den Anspruch, alles richtig zu machen.

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